Interview mit Ulrike C. Tscharre
Ulrike C. Tscharre war "Marion Beimer" Ulrike C. Tscharre spielte von Folge 810 bis Folge 1073 die "Marion Beimer" in der "Lindenstraße".
Deine Zeit als "Marion Beimer" neigt sich vorerst ihrem Ende – was nimmst Du aus der "Lindenstraße" mit?
Freunde nehme ich mit aus der "Lindenstraße"!
Welche neuen Erfahrungen hast Du während Deiner Arbeit in der "Lindenstraße"-Produktion gemacht?
Es war eine schöne Erfahrung, mehrere Jahre mit den selben Menschen zusammenzuarbeiten, eine Art „Arbeitszuhause“ zu haben. Als Film- und Fernsehschauspieler trifft man meistens doch nur kurz, aber dafür manchmal recht intensiv, auf neue Kollegen und neue Teams. Und oft wechseln die Eindrücke so schnell, dass der Einzelne relativ schnell wieder verblasst.
Die Lindenstrasse funktioniert sehr als Team. Sonderbehandlungen, für wen auch immer, gibt es kaum. Darin besteht ein großer Unterschied zu eigentlich allen anderen Produktionen, in denen ich gearbeitet habe.
Und welche Erfahrungen hat Dir die Figur "Marion Beimer" beschert?
Ich habe erfahren, dass die merkwürdigsten Dinge im Leben eines Tages von Nutzen sein können. Während meiner Schauspielausbildung lernte ich die Technik der Dynamischen Meditation kennen und fand sie für mich persönlich recht seltsam und gewöhnungsbedürftig. Niemals hätte ich damals gedacht, dass ich einmal in der "Lindenstraße" als Marion im Beimerschen Wohnzimmer in einer Gruppe von Sannyasin eine Dynamische Meditation machen würde!
Was schätzt Du / was bemängelst Du an der Serie?
Sehr schade finde ich, dass Handlungsstränge meistens nicht wieder aufgegriffen werden. Eine Geschichte ist zu Ende erzählt und eine neue beginnt. Fertig. Das Leben ist doch kein Haufen aneinander gereihter Legosteine sondern ein Haus, bei dem ein Stein den anderen stützt.
Was schätzt Du / was bemängelst Du am Charakter "Marion"?
Ich mag Marion sehr. Natürlich. Aber es fiel mir auch schwer, eine komplexe Figur in ihr zu erkennen. Natürlich kannte ich die Biografie der Rolle bevor ich sie übernommen habe. Aber ab dem Zeitpunkt als ich sie spielte, fand ich die Figur recht undefiniert. Zuerst war sie überzeugte Osho-Anhängerin, dann urplötzlich Verlobte eines Inders, der Ashram war vergessen, sie kam zurück nach München und dann trat Alex in ihr Leben. Nein zu Rashid – Ja zu Alex.Und plötzlich arbeitet sie wieder als Architektin, nach Jahren außerhalb des Berufs und will Mann und Wohnung und Kinder.
. Das darf man jetzt nicht missverstehen, bitte! Ich habe diese Geschichten geliebt und sehr, sehr gerne gespielt! Doch oft fragte ich mich, wo will diese Person denn hin? Und als sie dann wusste wo sie hinwollte und wie ihr Leben sein sollte, da hat sie sich im Partner verhoben. Oder besser, er sich in ihr, denn sie war zu stark für ihn. In der Art, wie Marion im Einzelnen funktionierte und auf Situationen reagierte, war sie mir meistens recht schlüssig oder ich konnte sie mir schlüssig machen.
Marion handelt nach dem ersten Schmerz sehr resolut und gibt Alex keine zweite Chance…
Moment! Das war Alex’ zweite Chance! Die Nummer mit dem Koks - schon vergessen? Alex hat Marion damals über Monate hinweg belogen und sie hat ihn trotzdem nicht im Stich gelassen. Danach war sie ein halbes Jahr in Indien. Vordergründig wegen ihrer Karriere. Hauptsächlich aber um sich ihrer Gefühle klar zu werden und einen Plan für ihr Leben zu definieren. Das steht nirgends, war für mich aber immer klar. Und sie kommt zurück und will es wissen. Ob Alex sie genauso will wie sie ihn oder nicht.
. Und er will. Macht mit bei allen Plänen und bricht ihr dann das Herz. Wie soll man jemandem noch eine Chance geben, der so konfliktscheu, verantwortungsarm und lässig durchs Leben tingelt und dabei mit dem Leben anderer spielt?
Dass "Marion" sich von "Alex" trennt, kannst Du also gut verstehen. Aber muss sie deshalb gleich ganz aus München wegziehen?
Ja, ich kann verstehen, dass Marion sich von Alex trennt. Sie hat ihr Vertrauen zu ihm verloren. Unwiederbringlich verloren. Die Liebe zwischen den beiden war groß und für Marion auch nach Alex' Verrat nicht zu Ende. Nur leben kann sie jetzt nicht mehr mit ihm. Um an dieser Gefühlshölle nicht völlig durchzudrehen, muss sie sich klar verhalten und durchmarschieren. Sonst verliert sie sich. Und sie verabscheut ihn für seine Schwäche. Ein Wort von seiner Seite hätte genügt. Also ist es besser für sie ein völlig neues Leben zu suchen. An einem fremden Ort unter fremden Menschen. Man darf auch nicht vergessen, dass Marion 37 Jahre alt ist. Die Zeit der lockeren Beziehungen, bei denen beide ihren Spaß haben und sich aus der Verantwortung stehlen wenn es ernst oder gar ungemütlich zu werden droht, ist für sie vorüber.
Wie denkst du über die Charaktere "Helga" und "Alex"?
Helga hat es nicht leicht mit ihrer Familie. Wahrscheinlich wünscht sie sich für ihre Kinder nur Glück, Gesundheit und ein gutes Leben. Doch je älter sie wird um so mehr lernt sie auch, die Leben ihrer Kinder nicht mehr so beeinflussen zu wollen. Sie hält sich etwas mehr zurück und besinnt sich stärker auf sich. Und das hat sie sich auch verdient.
. Ich denke, dass Alex seinen Platz im Leben noch nicht gefunden hat. Er hat zwei Kinder von verschiedenen Frauen und macht einen Job, an dem sein Herz nicht besonders hängt. Er befindet sich in der Schwebe zwischen Junge und Mann. Eigentlich muss er nur noch begreifen, dass sein Leben so lange mit ihm machen wird, was es will, bis er es selbst in die Hand nimmt und eigene Entscheidungen trifft. Und dann wird Alex ein Supertyp sein, dem die guten Frauen und die guten Jobs in Scharen hinterherlaufen werden...
Welche Pläne/Träume hast Du für Deine Zukunft und wirst Du Deine Kollegen aus der "Lindenstraße" auch weiterhin sehen?
Mit meinen Kollegen habe ich mich sehr gut verstanden. Und einige davon werde ich auch wieder sehen. Logisch. Mit Jacqueline war ich kürzlich eine Woche am Roten Meer, mit Susanne werde ich hoffentlich in Zukunft wieder öfter Laufen und Joris und Anja bieten mir bestimmt immer wieder gerne ihre Betten an, wenn ich einen Schlafplatz in Köln brauche. Und und und. So viele liebe Menschen möchte man doch nicht missen!
Und mit Träumen hab ich’s nicht so, Pläne gibt es viele und über ungelegte Eier spreche ich nicht so gerne. Da bin ich abergläubisch. Aber langweilig wird es mir bestimmt nicht werden.
Kannst Du Dir vorstellen, irgendwann in die Serie zurückzukehren?
Kinder verlassen ihre Eltern selten für immer und ewig und alte Liebe rostet nicht. Wer weiß... Aber momentan sehe ich eher nach vorne als zurück. Würde ich jetzt schon über eine Rückkehr Marions nachdenken hätte ich gar nicht erst zu gehen brauchen...
Möchtest Du noch etwas loswerden?
Danke für die schöne Zeit!
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