Diavolezzas Prognose für Klausi und Nastja:
auf jeden Fall spannend zu lesen, finde ich!
Zwänge
Zuschauerpost von Diavolezza, 15.08.2007 15:46 Uhr
Vergeblich hatte sich Klaus um Nina bemüht – sie verweigerte jeden Kontakt. Sie ging nicht ans Telefon, wenn er sie anrief. Sie schickte seine Briefe und Geschenke zurück. Heulend saß der Rammelhase in seinem Zimmer. Zum 1000. Mal sah er sich auf seinem PC die Diashow mit Bildern aus glücklichen Tagen an, als Alex an seiner Tür klopfte. „Hier, für dich!“ Mit diesen Worten warf Alex Klaus einen Brief zu.
„Asthalter und Bärenholz. Rechtsanwälte. Berlin“ lautete der Absender... Klaus sank das Herz in die Hose... Zitternd riss er den Umschlag auf... „...im Namen unserer Mandantin setzen wir Sie davon in Kenntnis, dass sie nach Ablauf des Trennungsjahres im Juni 2008 die Scheidung einreichen wird. Des weiteren fordern wir Sie auf, jegliche Kontaktversuche zu unserer Mandantin zu unterlassen. Sollten Sie sich unsere Mandantin weiterhin belästigen, werden wir rechtliche Schritte einleiten....“ Klaus brach schreiend auf seinem Bett zusammen. Die letzte Hoffnung, dass Nina vielleicht doch noch zu ihm zurückkehren würde, war nun endgültig zerstört.
Inzwischen hatte Nastya ihr Kind, eine Tochter, bekommen. Swetlana, „die Helle“, „die Lichte“, sollte sie heißen. Nicht nur in Nastya löste das kleine Wesen starke Muttergefühle aus, auch Helga Beimer war in ihre zweite Enkeltochter wie vernarrt. Doch wie ein Damoklesschwert hing die drohende Abschiebung über Nastya. „Du musst dich zu deiner Tochter bekennen“ drängte Helga ihren Sohn. „Sonst verlierst du dein erstes Kind.“ Der Rammelhase, geplagt von seinem schlechten Gewissen, ließ sich als Vater des Kindes eintragen. Schon seit einigen Wochen lebte Nastya bei Klaus. Am Anfang lief alles besser, als gedacht. Nastya umsorgte nicht nur Swetlana, sondern auch Klaus liebevoll. Sie himmelte Klaus an. Sie bewunderte seine Arbeit. Sie war sehr stolz, einen Lebensgefährten zu haben, dessen Name häufig als Verfasser von Artikeln in der Zeitung zu lesen war. Fürsorglich kochte sie das Essen, putzte die Wohnung blitzblank und Klaus fühlte sich sehr wohl. Es war so angenehm, sich bedienen zu lassen. Und inzwischen waren auch Vatergefühle bei ihm erwacht. Er liebte seine kleine Tochter abgöttisch. Nina hatte er fast völlig vergessen.
Doch dann begannen die ersten Sorgen. Nastya hatte ihre Tätigkeit als Putzfrau und Babysitterin aufgegeben. Klaus selbst verdiente mit seiner Schreiberei nur ein Taschengeld. Miete, Stromrechnung, Lebensmittel... Klaus begriff nach und nach, wie teuer das Leben doch ist. Bisher hatte sich Nina immer um die finanziellen Dinge gekümmert. Kurz und gut – das Geld reichte nicht. Helga war auch nicht mehr bereit, ihrem Sohn immer wieder mit Finanzspritzen auszuhelfen. Und so ging Klaus zum Sozialamt. Doch dort sagte man ihm, dass seine Noch-Ehefrau Nina unterhaltspflichtig sei. Klaus blieb nichts anderes übrig, als zu einem Anwalt zu gehen, der in seinem Namen Unterhalt von Nina forderte.
Nina war schockiert, als sie das Schreiben von Klaus’ Anwalt in ihrem Briefkasten fand. „...sind Sie gegenüber Ihrem von Ihnen getrennt lebenden Ehemann Klaus Beimer unterhaltspflichtig. Für die Berechung der Höhe des Unterhaltes wird ihr bisheriges Gehalt als Polizistin herangezogen...“ War das möglich??? Klaus hatte sie betrogen, und nun sollte sie ihm noch den Lebensunterhalt finanzieren???? Vergeblich bemühte sie sich um eine Versetzung nach Berlin. Und so blieb ihr nichts anderes übrig, als ihren unbezahlten Urlaub zu beenden und wieder nach München zurückzukehren. Doch mit dem Gehalt einer Polizistin zwei Haushalte zu finanzieren, das war angesichts der hohen Lebenshaltungskosten in der bayerischen Metropole schwierig. Nina lebte nun in der kleinen Mansardenwohnung, die Nastya früher bewohnt hatte. Sie musste mit jedem Cent rechnen. Sie war verzweifelt. Immer wieder plagten sie schwere Magenkrämpfe und immer wieder musste sie wegen Krankheit der Arbeit fern bleiben. Nina wurde depressiv.
Aber auch für Klaus war das Leben nicht leicht. Seine finanziellen Sorgen wurden immer größer. Unfähig, sein Leben selbst in den Griff zu bekommen, war er fast völlig von den Zahlungen Ninas abhängig. Doch nicht nur das. Nastya, die ihn einst so verehrt hatte, machte ihm nun immer häufiger Vorwürfe. „Das Geld reicht nicht! Du bist ein Versager! Du bist der Mann! Du musst das Geld für die Familie verdienen! Aber dir ist deine Tochter nichts wert! Dich interessiert nicht, ob wir genug zu essen haben! Und ich interessiere dich auch nicht!“ Den Kopf in den Händen vergraben saß Klaus am Küchentisch und ließ die Tirade über sich ergehen. Er war ratlos.
Doch das war noch nicht alles. Nastya hatte seit der Geburt von Swetlana Angst, dass ihrem geliebten Töchterchen etwas zustoßen könnte. Sie fürchtete, Kinderhändler könnten in die Wohnung eindringen und das Baby rauben, um es zu verkaufen. So schloss Nastya immer die Wohnungstür ab, selbst dann, wenn sie in der Wohnung war. Mehrmals am Tag kontrollierte sie, ob die Tür auch fest verschlossen war. Vergaßen Klaus oder Alex einmal, die Tür abzuschließen, bekam sie einen Panikanfall: „Ihr wollt, dass meinem Kind was passiert. Warum tut ihr mir das an? Warum schließt ihr nicht die Tür ab?“ Doch damit nicht genug. Nastya brachte Schlösser an den Fenstern an. Niemals durfte ein Fenster geöffnet oder auch nur gekippt sein. Stets mussten alle Fenster fest verriegelt und abgeschlossen sein. Wie die Tür, so kontrollierte Nastya auch die Fenster ständig. Nicht nur des Tags, auch des Nachts stand sie mehrfach auf, um ihren Kontrollgang zu absolvieren. Erst die Tür, dann sämtliche Fenster. Und wenn sie beim letzten Fenster angekommen war, ging es wieder bei der Tür los.... denn vielleicht hatte sie die Tür nicht richtig kontrolliert.... Jedes Knacken ließ sie nachts aufschrecken. „Klaus! Wach auf! Da ist jemand in der Wohnung!!!“ schrie sie voller Panik. Klaus wälzte sich herum und brummte: „Da ist niemand. Lass mich schlafen!“ – „Nein, da ist jemand, Klaus!“ Nastya rüttelte Klaus so lange, bis er endlich wach war und unter den strengen Augen Nastyas jeden Winkel durchsucht hatte. „Du hast noch nicht im Schrank nachgesehen!“ – „Im Schrank ist keiner.“ – „Doch, ich weiß es! Sieh im Schrank nach! Ich habe so Angst! Bitte tu es. Swetlana zuliebe! Der will unser Kind rauben! Und dann verkaufen!“ Und Klaus öffnete den Schrank. „Da ist niemand, schau selbst!“ – „Doch da hat sich was bewegt! Hinter den Kleidern, da ist er!“ schrie Nastya voller Panik. Natürlich war außer den Kleidern nichts im Schrank zu finden. Und so ging es weiter. Jede Nacht. Mehrmals. Klaus konnte nie länger als drei Stunden am Stück schlafen.
Dann glaubte Nastya, dass jemand infizierte Ratten durch die Kanalisation schicken könnte. Nun musste der Klodeckel ständig mit einem großen Stein beschwert werden, damit die Ratten selbigen nicht aufdrücken konnten. Die Abflussöffnungen der Waschbecken und der Badewanne wurden ebenfalls mit schweren Gegenständen gesichert. Wie Tür und Fenster, so kontrollierte Nastya nun auch die Abflussöffnungen und den Klodeckel. Nastyas Kontrollgänge dauerten immer länger. Besonders schlimm war es, wenn sie das Haus verlassen wollte. Eine Kontrollrunde. Dann eine zweite Kontrollrunde, um sich zu vergewissern, dass sie bei der ersten Runde nichts übersehen hatte. Dann eine dritte Runde.... Es dauerte manchmal eine Stunde, bis sie endlich das Haus verlassen konnten. Und dann, auf der Straße, kehrte sie des öfteren wieder um, um erneut alle neuralgischen Stellen einer weiteren Kontrolle zu unterziehen... Klaus war am Rande des Nervenzusammenbruchs. In seiner Verzweiflung vertraue er sich Momo an. Der gab ihm den Rat: „Da gibt’s nur zwei Möglichkeiten. Entweder macht Nastya eine Therapie, oder du trennst dich von ihr. Sonst geht ihr beide kaputt.“
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