Es gibt zwei Dinge, die einen erwachsenen Mann auf der Stelle in die Knie zwingen: a) Man tritt ihm in die Eier. b) Man hält ihm eine frisch geöffnete Dose Surströmming unter die Nase. Der Geruch ist infernalisch. So merkwürdig faulig-süßlich stelle ich mir die Luft in der Pathologie vor. Ich öffne die Dose, ein Moment der Klarheit, ich verstehe plötzlich die ganze Wahrheit der menschlichen Ernährung: Um Gottes willen, wir essen tote Tiere. Verwesung. Jenseits. Ende. Viele übergeben sich, wenn sie eine Dose Surströmming öffnen. Händler raten, es in einem Eimer Wasser zu tun, weil das Ganze vor lauter Gasdruck beim Öffnen regelrecht explodieren kann. Manche Fluglinien verbieten die Mitnahme, Dosengas plus Unterdruck = Desaster, Sie verstehen. -
Probieren
Der erste Bissen ist – zum Glück – weniger schrecklich als der Geruch. Sagen wir: wie ein fiese Angina im Vergleich zu einem schweren Autounfall. Der Fisch zerfällt auf der Zunge, er schmeckt vor allem nach Salz. Kein Wunder, im Frühjahr wird der Hering in Salzlake eingelegt, darin fault er bis zum Sommer vor sich hin (ja, er fault, auch wenn Experten von »Fermentieren« reden). Am dritten Donnerstag im August kommt er in die Dose, erst dann wird er verkauft (in Deutschland zum Beispiel über schweden-markt.de). Dass es sich bei der breiigen Masse um Fisch handelt, ist kaum zu schmecken. Es ist eher, als äße man etwas, das jemand im Speicher eines verlassenen Hauses gefunden hat. Und verlassen wurde das Haus vor Beginn der modernen Zeitrechnung. -
Überleben
Weil kein anderes Volk der Welt auf die Idee kommt, so etwas in den Mund zu nehmen, sind die Schweden stolz auf ihren Aasfisch. Kenner essen ihn mit Mandelkartoffeln und Butter. Der Nachgeschmack verfolgt einen lange, viel zu lange, nicht mal schwere schwedische Schnäpse können da was ausrichten. Trotzdem – einmal im Leben sollten auch Sie Surströmming probiert haben. Warum? Weil es Sie stolz machen wird. Weil es Ihnen das Gefühl geben wird, etwas gewagt zu haben – ohne dass Sie irgendwo runterspringen oder sich sonstwie in Lebensgefahr begeben mussten. Wenn Sie eine Dose Surströmming öffnen, sehen Sie dem Tod nicht ins Auge. Aber Ihnen wird klar, wie er riecht.
Im Sommer hatte ich einen _Mausdehner_ auf dem Einkaufszettel stehen. Da das Weihp -wie ich auch- sehr tierlieb ist, konnte es nur ein Versehen sein. Also flugs das Ausschlußverfahren eingesetzt; Milch, Wurst, Wein, Eier... alles drauf. Nur Käse, der war nicht dabei. Also musste es Käse sein. War es auch, wir bevorzugen nämlich Maasdamer, wegen des nussigen Geschmacks. Das Weihp war nun all die Jahre festen Glaubens, es hieße "Mausdamer" (vermutlich wg Käse und Maus usw). Der Rest war ein hingezitterter Verschreiber.
Ihr wisst ja, wie die "Frankfurter" hergestellt werden?
Die Hessen importieren größere Mengen "Wienerle". Da hängen aber immer zwei aneinander. Also gehen die erst einmal nach Sachsen, wo in einer Halle bei Leipzig fleißige Frauen mit Scheren sitzen und diese Wienerle auseinander schneiden. Dann gehen die Würstchen nach Frankfurt, wo sie dann als solche verkauft werden.
So unterstützt der von Natur aus sozial denkende Hesse sowohl die Ostmark wie die Ostzone.
Bei uns gibt's auch Weißwürste mit Kartoffelsalat. Am 1. und 2. Weihnachtsfeiertag Rehbraten mit Knödel (1. Tag) und Blaukraut und am 2. mit Blaukraut und selbstgemachte Spätzle.
Heiliger Abend mit Weißwürste und Kartoffelsalat ist schon Tradition, seit ich denken kann. Das gab's schon immer bei meiner Oma, wenn die ganze Sippe zusammen kam. Das waren noch Zeiten. Die Herren der Geschöpfe saßen immer im Wohnzimmer zum Essen und wir Frauen (das Personal) in der Küche.
Bei uns gibt es heute Blätterteigpasteten mit Ragout fin. Sehr lecker. Ist unser Standard-Weihnachtsessen. Und morgen kochen wir Hirschbraten, und zwar die doppelte Menge, so dass wir übermorgen die Reste essen können.